Offensichtlich hilft es nicht unbedingt, Lektorin zu sein – das dachte ich mir zumindest, als ich die erste Seite von Schikorskys Buch „Aus dem Lektorat – 50 Tipps zum Schreiben und Veröffentlichen“ gelesen hatte. Wenn ich das Buch nicht bei Amazon blind bestellt hätte, sondern die erste Seite im Buchladen angesehen hätte, wäre es direkt ungekauft wieder zurück ins Regal gegangen. Wieso?
Ich schlage die erste Seite auf und habe erst einmal ein Monstrum vor mir: Die erste Seite ist ein kompletter Absatz. Das hat mich bei Lovecraft schon manchmal genervt, vor allen Dingen in „Dream-Quest for Unknown Kadath“, aber den kann man so ein bisschen mit der Zeit retten, in der er geschrieben hat. Aber heutzutage? Eine Seite, ein Absatz? Da vergeht mir die Lust, denn wieso sollte ich mir die Mühe machen, das zu lesen, wenn der Schreiber sich noch nicht einmal die Mühe für mich macht, das Geschriebene selbst zu strukturieren?
So riesige Absätze kommen in Universitätsliteratur ständig vor und sind da schon fürchterlich. Da liegt dann wohl auch das Problem, denn – Achtung, biographische Interpretation – die gute Frau ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und Dozentin für kreatives und literarisches Schreiben.
Trotzdem begann ich, diesen Monsterabsatz zu lesen und… wollte das Buch schon wieder gleich weglegen. Wieso? Der Absatz fängt mit einem Zitat an, das mich einfach nur verwirrte, denn der Satzbau ist verkorkst – zumindest erwarte ich als Leser an dieser Stelle kein Lexikon-Zitat im Fließtext. Das hätte man optisch abheben können – nein, müssen! Außerdem wusste ich überhaupt nicht, worauf sie hinaus wollte und dieses Zitat geht auch noch fünf Zeilen lang.
Die Passagen direkt danach werden irgendwie auch nicht besser, denn an mancher Stelle hätte es doch ein Doppelpunkt eher getan, um das alles zu strukturieren und manchmal sind fürchterliche Zwischeneinwürfe im Satz. Ich sage nicht, dass ich es besser könnte oder mache. Mir passieren so Dinge auch. Ich fand nur kurios, dass ausgerechnet so jemand ein Buch „Aus dem Lektorat“-Tipps schreibt. Wie man es nicht machen sollte? Mich verlor jedenfalls schon das erste Drittel der ersten Seite.
Vermutlich werde ich es doch noch zu Ende lesen, aber ich weiß jetzt schon: Das Lesen wird mir wohl keinen Spaß machen. Warum ich es trotzdem lese? Vielleicht steht doch etwas Hilfreiches drin.
Das Universitäts-Problem kenne ich aber. Ich hatte bei „Einfach Filme machen“ zwar im Endeffekt mehr „sachkundige Leser“ als Lektoren, weil ich korrekte Fakten wichtig fand, aber ich hatte eben auch vier Testleser (bzw. vier Testleserinnen, was aber einfach am Gefälle in meinem Freundeskreis liegt ;)), die vor allem auch eben „Fachsprache“ jagen und erlegen sollten.
Ebenso habe ich einer Freundin vor ein, zwei Wochen meinen Artikel für die CW20 geschickt und bekam den zurück mit dem Feedback „Zwei Rechtschreibfehler, aber liest sich wie eine wissenschaftliche Arbeit“.
Also, zurück an den Schreibtisch und überarbeitet ;)
Was Bücher über das Schreiben (bzw. die daran angeschlossenen Gebiete) betrifft, so herrscht da auf dem Markt eh teilweise ziemliche Dürre.
Ich meine mich erinern zu können, dass du den Frey ganz gut findest, aber der hat mich nicht so überzeugt. Goldbergs „Writing down the Bones“/“Schreiben in Cafés“ ist ganz cool, aber wenig handfest und ich fand Sol Steins „Über das Schreiben“ ganz interessant, aber selbst da habe ich eigentlich keine so richtig, richtig, richtig gute Empfehlung.
Von Nebenzweigen wie Lektorat oder auch Layout, besonders im Rahmen der Selbstveröffentlichung, ganz zu schweigen…
Viele Grüße,
Thomas
Ich kann mir gut vorstellen, dass der Frey nicht jedermanns Sache ist. Er schreibt sehr… flappsig. Mich hat das ungeheuer motiviert und inspiriert und ich konnte da so einige sehr wertvolle Sachen mitnehmen.
Das „Schreiben in Cafés“ hattest du ja schon einmal empfohlen und ist da auch definitiv auf meiner Liste der Bücher.
Den Sol Stein habe ich vor etwa einem Monat in der Türkei auf Empfehlung meiner Chefin gelesen. Das war… interessant – und da zu wollte ich auch noch einen Blog-Beitrag schreiben, nur ständig fehlt mir die Muße dazu. Der Sol Stein ist definitiv zu empfehlen und hat ein paar sehr, sehr, sehr gute Kapitel und Empfehlungen. Aber ich bin sehr zwiespältig, da mir seine Haltung häufig nicht gefällt, er mir manchmal zu dogmatisch rüberkommt und außerdem mag ich seine Attitüde bezüglich „Trivialliteratur“ so richtig gar nicht – das hat mich zwischendurch beim Lesen immer häufiger mal sowas von sauer gemacht… ;) Aber… da kommt noch irgendwann ein Blog-Post dazu.
Mir war halt dieses Lektoratsbuch aufgefallen, weil das in meiner Amazon-Empfehlungsliste stand, nicht zu teuer war und die Rezensionen gut klangen. Auch der Titel hat mich ein wenig geblendet, denn das mit den 50 Tipps klang nach sehr schön griffigen Tipps und nicht nach Absätzen zum Erschlagen.
Dafür habe ich aber – glaube ich – ein sehr gutes Buch über Exposes in der gleichen Lieferung gehabt. Das Lektoratsbuch habe ich zumindest vorerst abgebrochen zu lesen und lese dieses andere Buch – wie auch immer das heißt. Liegt leider in Frankfurt, daher kann ich das nicht genau sagen. Aber mir scheint, dass das für Exposes wirklich gut ist – denn gerade vor Exposes habe ich tierisch Schiss.
Zum „Magischen Beststeller“-Wettbewerb habe ich richtig Probleme gehabt, eines zu schreiben und momentan zerbreche ich mir da auch den Kopf für meinen letzten NaNoWriMo-Roman. Aber mir scheint, dass das Buch eine gute Hilfe ist. Aber… auch dazu wohl demnächst dann ein Blog-Post.
Ah, und dann ist mein Browser abgestürzt :)
Etwas kürzer daher: Ich kann deiner Kritik bezüglich Sol Stein nur voll und in allen Punkten zustimmen. Allerdings mochte ich an dem Buch, dass man – wie ich finde – merkt dass der Mann offenbar sowohl vom Schreiben Ahnung hat als auch sich über „das Schreiben über das Schreiben“ Gedanken gemacht hat. Was ja irgendwie, in sich, schon fast an einen irrsinnigen Akt der Selbstreflexivität gemahnt.
Ich gebe jetzt privat bald mal drei Autoren in diese Richtung eine Chance, die eigentlich vorgeblich in der Belletristik und nicht in der Sekundärliteratur beheimatet sind.
Sowie ich Genaueres zu Stephen Kings „On Writing“, Elizabeth Georges „Write Away“ und Ray Bradburys „Zen in the Art of Wiring“ sagen kann, werde ich es tun ;)
Nicht, dass ich von irgendeinem der Dreien besonderer Fan wäre (generell mögen tue ich sie aber alle), aber ich denke es ist mal ganz spannend, so etwas aus dem Munde derer zu lesen, die auch wirklich damit aktiv und erfolgreich sind.
Nicht zwingend der Weisheit letzter Schluss, aber einfach interessant…
Viele Grüße,
Thomas
Ja, das halte ich Sol Stein auch zugute. Er hat wahnsinnig spannende Sachen zu sagen und vermittelt sie auch gut – größtenteils… leider aber auch nicht immer. Ich muss mir echt mal die Zeit nehmen für das Blog-Posting darüber. Das brennt mir schon seit Wochen in den Fingern, aber ich finde irgendwie nie die Muße dafür. Auf jeden Fall wirklich ein sehr zu empfehlendes Buch, das ich stellenweise förmlich aufgesaugt habe – solange der Herr mich nicht wütend gemacht hat durch einen überheblichen Nebensatz. Wobei er ja durchaus häufiger mit denen auch mal recht hatte, wie ich leider ab und zu zugeben musste – was mich noch wütender gemacht hat… ;)
Übrigens: Stephen King finde ich sowieso äußerst sympathisch. Ich mochte ihn lange Zeit gar nicht, aber mir gefällt seine pragmatische Grundhaltung und eben auch dieses „ich mache keine hohe Literatur, sondern Unterhaltungsliteratur – und zwar gerne, denn ich will unterhalten“. An vielen Stellen ist er einfach so ungeheuer ehrlich und sympathisch, wie mir häufiger aufgefallen war.
Gerade „On Writing“ ist auch bei mir schon länger auf der „To Read“-Liste. Der Marc/Rictus hat zumindest schon häufiger Gutes davon berichtet.
Nichts ist frustrierender als jemand, den man unsympathisch findet, der aber immer wieder Recht zu haben scheint ;)
Ich habe die drei o.g. Schreib-Fibeln heute jedenfalls mal bestellt. Leider braucht der King am längsten, aber naja, macht ja nichts…
Mir geht das mit dem ähnlich. Lange konnte ich gar nichts mit dem anfangen, aber so nach und nach hab ich meine Titel gefunden. Und sein „Dark Tower“ ist schon ein ziemlich krasses Werk…
Aber ja, was den Pragmatismus angeht, da kam der bsher bei mir in Interviews auch immer sehr symathisch an. Mal sehen, wie das Buch dann sein wird…
Die George hat mich durch das Inhaltsverzeichnis bei Amazon neugierig gemacht, das klingt auch sehr gut sortiert und umfassend, das Buch. Und der Bradbury kommt alleine auf die Liste, weil er eben doch Kind einer ganz, ganz anderen Zeit ist. Auch da: Neugierde.
Wenn du übrigens ansonsten gerne über Tellerränder schaust: „Save the Cat“ von Blake Snyder ist auch ganz spannend. Der war Script Doctor in Hollywood und hat versucht, gewissermaßen das „Schema F“ von Filmen, vor allem der Blockbuster-Riege, zu analysieren, greifbar zu machen und halt wirklich zu schematisieren.
Da kann man drüber fluchen, mit dem Mann kann man ähnliche Probleme haben wie mit Stein, aber es ist und bleibt eine spannende Lektüre.
Und ich bin sehr gespannt – das Drehbuch zu unserem kommenden Amazonen-B-Movie folgt ziemlich exakt und bewusst seinem Schema. Mal schauen, ob es klappt ;)
Viele Grüße,
Thomas
Bin neugierig geworden und habe mir das BoD-Werk auch bestellt. Wer weiß, ob die Autorin ihren Text selbst lektoriert hat – das geht nicht immer gut.
Für den bewussten Umgang mit Sprache und Stil finde ich ein Buch sehr gut, das eine Nachbardisziplin behandelt: Judith Macheiner, Übersetzen, Frankfurt 1995 (2004 auch als TB bei Piper erschienen.)
Danke für die Anregung.