Dinner to hell

Weiter schiebe ich das Schreiben vor mir her, denn heute fällt es mir ungeheuer schwer. Nicht nur fühle ich mich leicht kränklich, gerade bin ich auch in einem ziemlichen Kreativitätsloch. Ich habe zwar die Eckpunkte, aber mir will nichts für dazwischen einfallen. Daher mache ich das, was man in diesen Situationen am besten nicht machen sollte: Ich schiebe es vor mir her.

Oder sollte man das wirklich nicht machen? Ich bin immer noch davon überzeugt, dass das zu einem gewissen Teil sogar gesund ist. Man bekommt den Kopf ein wenig frei und außerdem kann man sich manchmal spannende Impulse von ganz anderen Sachen holen. Wichtig ist natürlich, rechtzeitig den Weg wieder zurück zu finden und sich nicht komplett in der Prokrastination zu verlieren.

Womit ich mir gerade die Zeit vertreibe? Ich habe auf Facebook bemerkt, dass heute Thanksgiving wäre. Das ist ein Tag, den man hier in Deutschland nicht so wirklich mitbekommt. In den Staaten ist das natürlich ganz groß. Direkt hatte ich diverse Bilder im Kopf, aber mein stärkstes Bild musste ich wieder auffrischen.

Es gab bei einer meiner Lieblingsserien, Dawson’s Creek, eine Thanksgiving-Folge, die mich damals schwer beeindruckt hat. Ich war noch in der Heile-Welt-Phase damals und Serien hatten zwar auch Drama zu haben, aber Dawson’s Creek hat mich sicherlich schon allein deshalb so fasziniert, weil es immer sehr zielsicher auf Katastrophen zusteuerte, die es zwar dann immer wieder auch mal behob, aber auch mal so ließ.

Ganz besonders war es aber bei dieser Folge extrem, denn ich kannte nur die Plüsch-Thanksgiving-Folgen, bei denen alles toll und nett und freundlich war. Bei Dawson’s Creek steuerte alles auf Katastrophe zu. Das fand ich spannend – und inspirierend und ist etwas, was mich wohl bis heute beeinflusst hat.

Aber die Folge hatte ich größtenteils vergessen, daher habe ich sie mir jetzt noch einmal angesehen. Anfangs war ich zugebenermaßen ein wenig überrascht, wie explizit doch das Gespräch zwischen Pacey und Jen war. Aber dennoch fand ich es nicht flach – oder ordinär. Sondern durchaus authentisch und witzig. Aber kein Wunder, wenn solche Gespräche auch mal vor der Titelmelodie kamen, dass ein falscher Eindruck von Dawson’s Creek entsteht, denn die Serie war so viel mehr, wie man in der Folge danach sieht.

Vermutlich ist es schwer, wenn man die Abläufe und die Charaktere vorher nicht kennt, das alles zu erkennen. Aber die Serie hat bis zu diesem Zeitpunkt so einiges an Problemen und Konflikten aufgebaut und ausgerechnet in dieser Thanksgiving-Folge prallt alles aufeinander. Ein wenig fühle ich den Thanksgiving-Tag dadurch dekonstruiert – aber dann doch wieder nicht. Er wird eher wieder rekonstruiert, weil viel deutlicher durch diese Probleme und Konflikte gezeigt wird, worum es eigentlich bei diesem Tag geht – ähnlich wie an Weihnachten. Es geht nicht darum, dass alles Friede-Freude-Eierkuchen ist und manche Konflikte lassen sich nicht auflösen. Aber dennoch geht es darum, zusammenzukommen.

Eigentlich schade, dass wir hier Thanksgiving nicht so feiern. Ich finde es eine schöne Tradition – zumindest im eigentlichen Sinne. Wenn man zynisch ist, kann man da natürlich bitterböse Sachen wieder herauslesen aus dem Thanksgiving-Tag. Aber mir geht es da wirklich um den eigentlich gut gemeinten Grundgedanken.

Hier die Folge, die ich meinte: „Guess who’s coming to dinner“.

Wenn man sich darauf einlässt, selbst wenn man die Serie nicht kannte oder mochte, sollte man recht deutlich auch die handwerkliche Qualität in so vielem erkennen können: Die Dialoge sind griffig und konfliktreich, die Charaktere sind ungeheuer tief, die Erzählgeschwindigkeit ist angenehm. Gerade diese Geschwindigkeit im Erzählen macht es so unterschiedlich zu vielen anderen Serien, weswegen ich bis heute auch nicht die ständigen Vergleiche mit beispielsweise Beverly Hills 90210 verstehen kann. Da liegen Welten zwischen den Serien – schon allein, wein Dawson’s Creek deutlich bodenständigere und langsamere Plots hat.