„This isn’t about beating Ultron, it’s about proving we’re not monsters.“
(Captain America in Avengers 2 – Age of Ultron)
Der Film ist so gut! Ja, mittlerweile war ich drin und jetzt am verlängerten Wochenende werde ich nochmal reingehen mit meiner Frau. Denn die konnte auf Grund von Rückenproblemen nicht mit.
Diesmal hatte ich sogar mein „Joss Whedon is now my master“-T-Shirt an. Das wurde direkt an der Kasse sogar kommentiert, als ich mein Parkticket stempeln ließ.
„Cooles Shirt!“, sagte der Kassierer.
Ich stutzte, dann grinste ich aber stolz: „Danke. Aber klar, das muss heute sein.“
„Gute Wahl!“
Ich kann nicht sagen, wie sehr ich doch mit stolz geschwellter Brust aus dem Film gegangen bin – mit diesem T-Shirt. Denn Joss Whedon hat mich wieder einmal nicht enttäuscht. Im Gegenteil!
Spoiler-Cut!
Es war, wie ich vermutet habe: Viele der Kritiker haben einfach keine Ahnung. Man kann den Film natürlich doof und langweilig finden. Das steht jedem zu. Aber was da teilweise behauptet wurde, ist einfach hanebüchen. Da wollen viele nur auf einer Kritikwelle mitschwimmen, sich selbst profilieren, weil eine „nicht so gute Kritik“ eben doch lieber gelesen wird, als eine gute Kritik – auch wenn viele das nicht zugeben wollen. Da hört sich manche Kritik einfach so an, als ob der Kritiker entweder den Film nicht verstanden hat oder nach 20 Minuten nicht mehr weitergeschaut hat. Anders kann ich mir manche Dinge nicht erklären.
Was zum Beispiel? Ich möchte mal mit ein paar Sachen aufräumen, die ich im Umfeld nun gehört habe.
„Nur Popcorn-Kino ohne Tiefgang…“ Also bitte. Natürlich ist es ein Blockbuster. Natürlich ist es ein Action-Film. Superhelden, hallo?!
Aber trotzdem steckt da ungeheuer viel drin für einen solchen Film, wenn man denn sich mal die Mühe macht und ein wenig weiter denkt. Offensichtlich für mich ist schon allein, wie aktuell dieser Film ist. Ich erwähnte es schon in meinem letzten Blog-Beitrag zu Avengers 2, aber schreibe es hier nochmal: „They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.“ (Benjamin Franklin)
Das ist eines der Grundthemen des Films – wenn nicht sogar das Hauptthema. Was ist gut, was ist böse? Das wird so wunderschön durch diesen ambivalenten und spannenden Charakter „The Vision“ zum Schluss gezeigt, wenn er sagt: Er sei weder noch und alles zusammen – er wisse es selbst nicht, aber er schätzt das Leben. Das ist die Prämisse des Films und die zieht sich wie ein roter Faden durch alles hindurch, sei es bei der Hulk-Storyline, sei es beim Black-Widow-Hintergrund, sei es bei den Zwillingen oder natürlich zuvorderst bei Tony Stark und und und. Seht den Film unter dieser Prämisse und euch wird dieser rote Faden immer wieder und wieder auffallen und wie sich dann alles gegen Ende zu einem Kreis schließt. Großartig!
Gerade beim aktuellen Tagesgeschehen, das ich wohl kaum erwähnen muss, ist es erstaunlich, wie ein „simpler Popcorn-Film“ eine solche Thematik so vielschichtig aufgreift. Da kann ich nur sagen: Joss Whedon! Es überrascht mich nicht, denn das war schon immer sein Rezept – gute Unterhaltung mit philosophischem Tiefgang, wenn man denn will. Natürlich kann man das alles auch einfach wegblinzeln und den Action-Ritt genießen. Warum auch nicht? Das ist ein Action-Spektakel und darum macht es keinen Hehl – denn es ist verdammt gut geworden. Aber es ist dieses Zusammenspiel aus knalliger Action und stillem Tiefgang, der mir bei diesem Film so ungeheuer gefällt und mich beeindruckt hat.
Einige Dinge werden nicht wirklich erklärt und die Charakterzeichnungen passieren in manch unkommentierten oder nicht erklärten Momenten. Zum Beispiel wüsste ich gerne, wie viele Leute die Schlussszene mit dem Hulk im Stealth Fighter wirklich verstanden haben. Wer dort im Publikum hat wirklich verstanden, dass Bruce Banner mehr und mehr mit dem Hulk verschmolzen ist und zum Vorschein selbst in grüner Form kommt – und vermutlich deswegen sehr genau hingehört hat, als Black Widow sagte: „Wo bist du? Wir können dich in dem Flieger nicht orten!“ Es ist ein so kurzer Moment gewesen, das Stutzen im Gesicht, das Zögern und dann das Ausschalten des Funks. Toll!
Ich fange nun nicht mit der ganzen Hawkeye-Sache an, was für eine schöne Tragweite das alles hat – der „einfache“ Mann, ohne richtige Superpower, aber mit Familie. Das ist derjenige, der in meinen Augen das Zentrum des diesmaligen Avengers-Film stand. Er hält alles zusammen, er überzeugt und motiviert die Zwillinge, er ist es, der die Avengers nach dem ersten desaströsen Kampf mit Ultron wieder „zusammenflickt“. Damit hat Joss Whedon sogar eine der winzigen Kleinigkeiten „repariert“, die mir im ersten Avengers nicht ganz so gut gefallen haben – nämlich, dass der Charakter mehr Fokus verdient hat. Mir hat das unglaublich gut gefallen!
Das führt mich zu einer weiteren Sache, die ich gehört habe: „Zu viele Charaktere mit eigener Geschichte und keine kommt wirklich zum Tragen.“ Haben wir den gleichen Film gesehen? Denn für mich hat das alles wunderschön ineinander gepasst. Natürlich hat jeder Charakter seine Geschichte. Immerhin haben auch viele dieser Charaktere ihre eigenen Filme. Trotzdem funktionieren diese Geschichte auch stand-alone in diesem Film. Das habe ich daran gemerkt, dass ich mit meiner Mutter im Kino war, die nun kein großer Marvel-Fan ist, zwar auch mal solche Filme sieht, aber eigentlich das ganze Drumherum nicht kennt. Trotzdem hat sie genau verstanden, worum es bei den Charakteren geht und welche Geschichte da passiert. Dem Film gelingt es eben, durch markante Dialoge und Szenen äußerst prägnant zu erzählen. Das ist große Handwerkskunst in meinen Augen und das hat Joss Whedon schon im ersten Film bewiesen.
Das ist auch, was den Film vom katastrophalen X-Men 3 -Last Stand unterscheidet – denn dort hat es nicht funktioniert. Nein, Joss Whedon hat sich wieder auf genau das Formular aus dem ersten Film berufen, das ich schon damals erhofft hatte: Ein scheinbar einfacher Plot, der die Charaktere vor einen spannenden Hintergrund packt und tiefe dann in den Interaktionen hervorruft. Denn die Komplexität des Films entsteht nicht durch den Plot, sondern durch die Charaktere. So muss ein Superhelden-Film funktionieren, der mehrere starke Charaktere aufweist. Das hat Joss Whedon im ersten Film gut gemacht, das ist ihm auch gut im zweiten gelungen. Daran merkt man eben, dass er gewohnt ist, mit vielen Charakteren zu schreiben und auch wenn Kino ihm nicht die Zeit wie eine TV-Serie gibt, er versteht sein Handwerk. Das merkt man in jedem einzelnen Dialog, in jedem einzelnen Moment.
Außerdem hat Joss Whedon erkannt: Er muss den Helden mit eigenem Film nicht zu viel Fokus geben, denn sie funktionieren von ganz alleine. Man kennt einen Iron Man oder einen Thor mittlerweile. Das sind starke Charaktere, die bereits verstanden wurden. Daher konnte der Fokus ein wenig auf andere Charaktere gehen, ohne dass ein Iron Man oder ein Thor untergehen und keine guten Szenen mehr haben – ganz im Gegenteil. Das führt dazu, dass ich es ungeheuer gerecht verteilt vom Spotlight finde. Ich hatte diesmal noch weniger als im ersten Teil das Gefühl, dass Charaktere vergessen werden oder überflüssig sind. Mir schien es fast, als ob Joss Whedon so langsam den „Groove“ raus hatte – um so tragischer, dass er zumindest vorerst für den nächsten Avengers-Film nicht zur Verfügung steht. Aber das ist durchaus auch verständlich, dass er mal wieder was Anderes machen will.
Ich gebe zu, anfangs war ich skeptisch zu Ultron als Bösewicht. Ich hätte gerne die Storyline aus dem letzten Avengers-Film weiter gesehen. Aber das ist so ein verdammt cooler und spannender Charaktere! Ich mag ihn sehr. Leider scheint mir die deutsche Synchronstimme nicht so gut zu sein. Ich muss mir das im Original nochmal anschauen, ob seine flappsigen Sprüche da auch so billig rüberkommen, aber ich kann es mir kaum vorstellen. Denn aus den Trailern ist das eine sehr beeindruckende Stimme. Im Deutschen hatte ich diesen Moment nie. Da punktet der Charakter allein dadurch, dass es schlichte in würdiger und heftiger Gegner für die Avengers ist.
Was bleibt mir also noch zu sagen? Schaut euch den Film an, wenn ihr etwas mit Superhelden anfangen könnt, gerne Action zusammen mit charakterlichem Tiefgang haben wollt. Der Film ist nun kein Inception, was die philosophische Tiefe angeht, und er ist auch kein The Prestige, was die komplexe Erzählweise betrifft. Er ist trotz allem ein Hollywood-Blockbuster für einen geselligen und guten Abend. Er unterhält verdammt gut und wenn man will, kann man auch das Hirn dabei anbehalten. So mag ich Unterhaltung! Danke, Joss.
Abschließend ein Trailer zum Film, der mir sehr viel Spaß. Er verrät nicht all zu viel und erinnert mich an den „Headcount“-Trailer des ersten Avengers-Films:
Und morgen geht es nochmal rein!