Das dritte Spiel im Bunde meines Rückblicks ist Battleborn. Kaum ein Spiel ist 2016 so sehr untergegangen und kaum ein Spiel hat mich so begeistert. Ich habe ein Händchen dafür, solche Spiele zu mögen. Leider. Scheinbar habe ich sogar in meinem Freundeskreis den Ruf, mich für Spiele zu begeistern, die bereits Totgeburten sind.
Es ging mir so bei Dawngate, das für mich immer noch das beste MOBA aller Zeiten geworden wäre. So ist es mir gegen Jahresende mit Titanfall 2 passiert, das mich extrem fasziniert hat. Und auch Battleborn hat mich in seinen Bann gezogen, um dann unterzugehen. Bin ich verflucht?
Es ist ein tragisches Schicksal für ein Spiel mit so verdammt viel Potenzial und so viel Inkompetenz drumherum. Battleborn hätte so groß sein können! Ich hoffe auch immer noch, dass es wieder wächst, denn verdient hat das Spiel Erfolg.
Battleborn – Großartiges Spiel mit großen Problemen
Battleborn hat einen eigenen Stil und das verwundert kaum. Schon allein das Intro zeigt das sehr deutlich. Seht es euch ruhig einmal an. Wenigstens die anfängliche Erzählung. Der Battleborn-Rap danach ist … diskussionswürdig. Ich mochte ihn anfangs nicht, aber er wuchs mir ans Herz, eben weil er eigen war, weil er das Spiel doch ungeheuer gut transportierte und in meinen Augen doch sehr mutig im heutigen Einheitsbrei der Weichzeichnung war:
Auch das Schluss-Video ist extrem gut gemacht und hat mir dieses „Jaaaaaaa!“-Gefühl gegeben, nach dem Durchspielen der Hauptstory. Wenn ich das Spiel in zwei Wörtern beschreiben müsste, wären es: Badass und Selbstironie – und das sind zwei Sachen, die ich in dieser Kombination ungeheuer sympathisch finde. Daraus entwickelt die Welt und das Spiel eine teilweise absurde, aber großartige Epik.
Wieso macht man sowas?
Ich liebe die Charaktere und auch die Handlung ist für ein solches Spiel wirklich gelungen erzählt. Die kleinen postmodernen Momente haben es mich natürlich lieben lassen, dennes war einfach eine runde Sache. Hinzu kommt ein sehr cooler und häufig selbst-ironischer Humor, der wirklich Laune machte. Lediglich die zahlreichen visuellen Effekte, die den Bildschirm unübersichtlich werden lassen, sind der große Kritikpunkt für mich, den ich nicht wegdiskutieren kann. Ebenso wie das Matchmaking wirklich nicht gelungen war.
Es ist einfach ungünstig, wenn in einer PvP-Partie Spieler das Match verlassen und dann nicht neu aufgefüllt wird. Das war leider gerade zu Anfang sehr häufig und je kleiner der Spielerstamm wurde, desto schlimmer wurde es. Overwatch hat das Problem auch in Ranked-Spielen, aber dank Bann während einer Season konnte das Problem zumindest besser im Griff behalten werden, als bei Battleborn.
Die Battleborn-Community hat es dann auch teilweise immer schwieriger gemacht, indem sie Wert auf das Spielerlevel gelegt hat, obwohl das nichts auszusagen hat – nur dass jemand dieses Spiel häufig gespielt hat. Aber mit Skill hat das erst einmal nichts zu tun; egal, was viele behaupten. Trotzdem führte das zu vielen Spielern, die das Match bereits chancenlos sahen und daher bereits zu Anfang verschwanden.
Weder Fisch noch Fleisch
Hinzu kommt, dass es sich schwierig in ein Genre packen lässt. Die Entwickler haben bereits damit versagt, indem sie einerseits mit Overwatch den offenen Marketing-Krieg suchten, aber dann irgendwie doch ein MOBA sein wollten – und doch ganz anders. Das war schlicht dumm. Dass die Zielgruppe sich dann nicht angesprochen fühlte, ist klar. Gefühlt gab es auch keine Zielgruppe und all das Marketing drumherum wirkte eher wie ein Schuss auf eine Ziellosgruppe.
Wenn man sich dann auch noch entscheiden muss zwischen zwei Spielen, weil das Geld nur für eines langt, wählen viele nun einmal doch den Platzhirsch des Internet-Hypes Overwatch. Ich kann es den Leuten nicht verdenken. Man weiß ja noch nicht einmal, ob Battleborn Coop oder PvP sein will – oder soll. Das ist bei Overwatch gleich ersichtlich und in meinen Augen der große Fehler von Blizzards Hype-Spiel. So gerne ich es spiele, fehlt mir diese Vielseitigkeit von Battleborn dort. Diesen Grabenkampf konnte Battleborn nur verlieren und eine vernünftige Marketing-Strategie hätte von vornherein sein müssen: „Leg dich nicht mit Overwatch an.“ Mich persönlich hat dieser Dilettantismus im Marketing sehr geärgert, weil er meinen persönlichen Favorit Battleborn sehr schwach hat werden lassen.
Gutes Game Design, aber schlecht erklärt
Aber nicht nur bei der Einordnung in ein Genre hat Gearbox versagt. Die Spielmechaniken werden nicht richtig erklärt. Man wird zugeworfen mit allerlei Dingen und dann wundert man sich, warum man mit einem speziellen Charaktere gar keinen Schaden macht, während der Gegner mit dem gleichen Charakter einen selbst mit fast einem Treffer ausschaltet. Dann steht man da, geht alle Fertigkeiten durch und … versteht es nicht.
So ging es mir jedenfalls manchmal mit manchen Charakteren. Ich erinnere mich noch gut an Toby, den kleinen Pinguin in dem riesigenMech. Den wollte ich spielen, weil ich schon mehrfach von Gegnern mit ihm zerlegt wurde. Als ich ihn dann selbst spielte, war ich höchstens knuddelig, aber nicht gefährlich. Das war kein Schaden, den ich gemacht habe, sondern ein Witz. Der Fehler lag definitiv an mir, denn ich habe den Helden offensichtlich nicht verstanden. Andere können mit dem kleinen Pinguin zerstören, ich konnte nur kitzeln.
Dabei ist das gerade auch die Stärke des Spiels. Die Charaktere sind einzigartig – sowohl vom Design, von der Idee, vom Hintergrund und auch vom Gameplay. Eigentlich hat man mit jedem Charakter ein komplett anderes Spielerlebnis. Es ist fast ein anderes Spiel. So viele grundverschiedene und dennoch passende Charaktere habe ich selten in einer Auswahl gesehen. Da gibt es eine martialische Elfe mit Bogen, eine teleportierende Assassine mit telekinetischen Schwertern, ein Butlerroboter mit Melone und Sniper und und und.
Das ist schon starkes Game Design, nur eben in der Ausführung leider nicht zu Ende gedacht. Denn dadurch wird die Einstiegshürde zu hoch und dabei verliert man viele Spieler, die der doch winzigen Community gut getan hätten. Nein, die es dringend gebraucht hätte! Denn was ist ein PvP/Coop-Spiel ohne einen ausreichend großen Spieler-Pool? Dabei machen die Charaktere in sich wirklich Spaß, wenn man sie einmal verstanden hat. Aber die Lernkurve ist bei Battleborn mindestens so merkwürdig und unangenehm, wie bei den meisten MOBAs.
Das ist leider die Kehrseite von einer solchen Vielfältigkeit und Einzigartigkeit in den Charakteren. Dass muss man lieben und da muss man sich durchbeißen wollen. Doch diesen Biss hat heutzutage scheinbar kaum ein Spieler mehr. Man will einfach nur den schnellen Erfolg, den schnellen Kick, den schnellen Schuss. Sich noch einmal ernsthaft mit Mechaniken auseinandersetzen? Bitte nicht.
„They will fight together or they will die alone“
Da ist Battleborn dann leider doch zu anspruchsvoll für den durchschnittlichen Spieler gewesen und dieser wechselte zum Fast-Food-Konkurrenten Overwatch. Bitte nicht falsch verstehen. Ich spiele auch Overwatch und spiele es gerne. Mir ist außerdem mehr als bewusst, dass es zwei vollkommen unterschiedliche Spiele sind. Trotzdem kommt man um den Vergleich nicht herum, schon allein weil Overwatch in meinen Augen neben dem Unsinn im Battleborn-Marketing hochgradig mitverantwortlich für die schlechten Zahlen von Battleborn waren.
Auch ich habe mittlerweile leider aufgehört, Battleborn zu spielen. Es war ein eher schleichender Prozess und ich habe lange mit mir gerungen. Aber obwohl ich das Spiel liebte, war mir selbst da bewusst: Es ist weit davon entfernt, perfekt zu sein. Je kleiner die Community wurde, je länger die Warteschlangen wurden, um so schwerwiegender traten die Fehler hervor. Das negative Umfeld und sogar der ganze Hass, den das Spiel abbekommen hat, haben mich leider dann auch beeinflusst, obwohl ich mich immer versuchte, davor zu schützen. Aber es zieht einen schon auf Dauer herunter, wenn man eigentlich einfach nur zocken will.
Eigentlich ist es blöd, sich davon beeinflussen zu lassen. Mir ist der Mechanismus auch sehr bewusst und ich versuche immer, dagegen zu arbeiten. Aber es ist schwierig. So schwierig! Mittlerweile habe ich bei einigen Spielen bereits von Anfang an Angst, es könnte ihm genauso gehen, wie Dawngate. Ja, das hat vermutlich meinen Spiel-Optimismus schwer traumatisiert. Stellt es euch einfach einmal vor: Da ist ein Spiel, das ihr liebt, in das ihr ungeheuer gerne Stunde um Stunde versenkt. Es ist ein Spiel, das auf Multiplayer und somit auf eine gesundere Community ausgelegt ist. Aber dann macht der Hersteller merkwürdige Dinge oder lässt es fallen.
Da ich bereits schlechte Erfahrungen gemacht hatte, habe ich auch diese Angst bei Battlenborn gehabt, nachdem es bereits am Start so negativ aufgenommen wurde. Ich versuche, dagegen anzukämpfen. Ich habe versucht, in der Community positive Stimmung und Atmosphäre zu verbreiten. Aber es fühlt sich zu häufig wie ein einsamer Kampf an und dann kann man leider sich auf den Kopf stellen – es hilft leider nicht, wenn die Community nicht mitzieht. Somit ist die Battleborn-Community traurigerweise auch selbst am eigenen Untergang schuld. Ich auch. Aber ich habe wenigstens versucht zu kämpfen.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Ich spiele immer einmal wieder mit dem Gedanken, erneut anzufangen, denn ich liebe dieses Spiel nach wie vor. Aber dennoch wurde es mir verleidet durch die negative Atmosphäre in der Community, wie auch das fürchterliche Marketing des Publishers. Da hat sich jemand konsequent ins eigene Knie geschossen und auch immer den direkten Vergleich mit Overwatch gesucht, obwohl es zwei komplett unterschiedliche Spiele sind. Das war dumm und hat dem Spiel ungeheuer geschadet. Da konnten selbst bekannte YouTuber wie Total Biscuit oder Jim Sterling nichts helfen. Wie tragisch es doch ist, zu sagen: „Dieses Spiel ist großartig! Wieso spielt es keiner?“
Ich liebe dieses Spiel, aber leider spiele ich mittlerweile auch mehr Overwatch. Es ist traurig, denn viel, was mir Battleborn gegeben hat, kann mir Overwatch einfach nicht bieten. All diesen Dingen trauere ich sehr hinterher. Aber es gab dann doch so viele Kleinigkeiten, die ein großes Spiel für mich unspielbar gemacht haben. Daher kann ich nur hoffen, dass Battleborn jetzt in 2017 ein vernünftiges F2P-Modell entwickelt und so eine Wiedergeburt erfahren darf. Denn das Spiel an sich verdient es. Es hat Ecken und Kanten und man merkt ihm an so vielen Stellen das Herzblut der Entwickler an. Es wäre traurig, wenn das alles einfach so vergehen würde …
Aktuell gibt es einen neuen Winter-Patch. Reingeschaut habe ich noch nicht. Allerdings habe ich es vor. Und doch befürchte ich nach einem kurzen Lesen der Patch-Notes, dass der Patch zwar nett und gut ist, aber weder die Probleme behebt, noch die Spieler scharenweise zurückbringt. Da muss schon mehr passieren. Leider. Ich weiß nicht, ob ich es im derzeitigen Zustand wirklich empfehlen kann. Vielleicht sollte man doch darauf warten, dass Gearbox einen Plan B in der Hinterhand für ein Revival hat. Denn im Augenblick ist es immer noch das großartige Spiel, das ich liebte und sterben sah, aber es hat immer noch die gleichen Probleme, die durch die winzige Community leider nur verstärkt werden.
Hoffentlich schaffen sie den Dreh noch. Ich würde Battleborn gerne wieder regelmäßiger spielen. Oder um es mit dem Abschlusssatz von Deande nach der Haupt-Kampagne zu sagen: „May our battle never end …“