Seit einiger Zeit gibt es einen heiligen Gral im MMO-PvP: drei Fraktionen. Wenn man den Behauptungen mancher Spieler Glauben schenken mag, so löst das alle Probleme des derzeitigen PvPs in allen MMOs. Aber leider gab es seit Dark Age of Camelot sowas nicht mehr.
Rift hat mit Patch 1.9 jetzt genau das eingeführt. Sie haben nicht die alten Fraktionen umgeworfen, sondern das eigentlich recht raffiniert in die Hintergrundwelt eingebaut, denn in Rift gibt es bekanntermaßen unterschiedliche Dimensionen und Parallelwelten. Daher reisen auch die Charaktere in eine solche Parallelwelt, nämlich in ein freies Stillmoor. Dort streiten sich drei Fraktionen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen um diese freie Welt.
Wer sich genauer darüber informieren mag, der kann sich die netten Hintergründe der einzelnen Gruppen mal anschauen. Grob gesagt gibt es jedoch: Neutrale (Abenddämmerung), Beschützer (Schwur) und Diktatoren (Herrschaft) – und alle mögen sich nicht, weil jede Gruppe etwas Anderes mit dieser Welt machen will.
Das Spiel in dieser Parallelwelt ist ähnlich einem Battleground aufgebaut und man kann sich nach einiger Zeit dafür anmelden und wird dort hinteleportiert. Vorher muss man sich natürlich für eine Seite entscheiden und kann dies auch bei jedem neuen „Conquest“ (so heißt das Schlachtfeld) auch wieder neu entscheiden.
So weit, so gut. Das ist also an sich genau das, was Spieler seit gefühlten Ewigkeiten in PvP-Foren fordern und herbeiwünschen, weil das alle Balancing-Probleme in Luft auflöst – angeblich. Denn wenn eine Fraktion die Übermacht hat, dann können sich die anderen beiden Gruppen zusammenschließen und auf die überstarke Fraktion eindreschen. Klingt in der Theorie gut, hat in der Praxis bei DAoC angeblich gut funktioniert. Aber klappt es in Rift?
Naja, so fast. Woran scheitert es? An den Spielern! Denn die nutzen das nicht so. Die absurdeste Erscheinung ist: „Schwur gewinnt immer!“ Demnach wollen alle sich bei Schwur anmelden und diese Fraktion ist als erstes überfüllt. In den anderen Fraktionen wird dann regelmäßig geflamed, wie schlecht die eigene Fraktion doch ist. Aber irgendwie verstehen die Spieler nicht, dass es nicht „die“ Fraktion gibt, sondern dass das alles immer wieder neu ist. Es ist vollkommener Unsinn zu sagen, „Schwur gewinnt immer“, denn damit machen sie sich eine selbsterfüllende Prophezeiung.
Hinzu kommen dann solche taktischen Geniestreiche, dass wenn Schwur kurz vor dem Gewinnen ist, dann im Chat gesagt wird: „Kommt, lasst Schwur gewinnen, wir zergen noch ein wenig Abenddämmerung/Herrschaft.“ Toller Plan. Aber so war es nicht gedacht. Die Spieler hebeln also die Balancing-Mechanismen dieses Systems ganz von selbst aus.
Kein heiliger Gral also, obwohl DAoC immer wieder als glänzendes Beispiel herangezogen wird. Ich habe selbst nie DAoC gespielt, aber es scheint nicht wirklich anders vom System her zu sein. Was hat sich geändert? Die Spielerschaft. Denn die ist verhätschelter geworden, die spielt nicht mehr um den Spielens willen, die kämpft auch nicht mehr um einen Sieg, die will einfach nur jammern und auf Loot warten – auch im PvP. Oh, und von den alten glorreichen Zeiten schwärmen, die aber offensichtlich doch nicht so glorreich waren, sondern nur in der Erinnerung verklärt sind. So, jetzt bitte also die nächste Behauptung, die am praktischen Beispiel widerlegt werden kann.
Bitte nicht falsch verstehen, denn „Conquest“ macht mir echt viel Spaß – mir. Aber es beweist eben doch sehr deutlich, dass die Community sich so verändert hat, dass selbst ein so glorifiziertes DAoC heutzutage nicht mehr funktionieren würde.