Der Dominik hat sich eine Erklärung dazu gewünscht, warum ich mir bei FFXIII-2 und auch generell häufig bei anderen Spielen mehr Linerarität wünschen würde, wo doch viele eher offene Spiele mögen. Hier ist der Versuch dazu:
Grundsätzlich sollte vielleicht gesagt werden, dass ich offene Spiele an sich auch mag. Ich konnte mich früher stundenlang in Ultima-Teilen verlieren, ich habe Wizardry geliebt und all diese gewaltigen Spiele, die man selten zu Ende gespielt hat. Da liegt aber auch der Knackpunkt für mich – oder besser gesagt die Knackpunkte.
Früher: Ich habe einfach nicht mehr die Zeit, mich endlos in diesen Spielen zu verlieren.
Ende: Es ist für mich mittlerweile ungeheuer unbefriedigend, ein Spiel nicht zu Ende zu spielen.
Im Prinzip gehen diese beiden Punkte Hand in Hand, warum ich eine gewisse Linearität schätze, denn das bedeutet, dass es nicht unzählige Sachen gibt, die ich noch zu entdecken habe in einem Spiel. Für mich ist ein Computer/Videospiel mittlerweile eher wie ein gutes Buch, das ich auch irgendwann zu Ende gelesen haben will. Ich kann zwar auch lange in einem „Assassin’s Creed“ in der Gegend umherlaufen und erkunden, aber an sich gibt es meistens einen Punkt, ab dem ich selbst mit solchen großartigen Spielen wie AC fertig werden will. Wobei AC natürlich kein wirkliches Spiel mit unterschiedlichen Wegen ist, aber ich will es mal an dieser Art Spiele erklären ehe ich dann zu „Mass Effect“ wechsele.
Je langweiliger das Spielprinzip grundsätzlich ist, desto schneller tritt dieser Punkt ein. Bei „Infamous“ war der Punkt deutlich früher erreicht, bei „Assassin’s Creed: Brotherhood“ oder „Atelier Totori“ deutlich später. Aber er kommt irgendwann. Ab dem Punkt pushe ich dann doch die Hauptstory, weil ich wissen will, wie es ausgeht. Wenn dann zu viel auf dem Seitenweg übrig bleibt, dann entsteht bei mir ein unzufriedenes Gefühl, denn ich bin niemand, der Sachen unbedingt mehrfach liest oder schaut oder spielt. Das bedeutet: Wenn ich ein Spiel durch habe, dann ist es höchst unwahrscheinlich, dass ich es noch einmal spiele – ähnlich ein gelesenes Buch oder eine geschaute Serie. Einzige Ausnahme bilden hier Filme, die ich mir tatsächlich häufiger ansehen kann.
Jetzt mag eingeworfen werden, dass all diese Spiele da oben aber keine wirklich freien Spiele sind. Das stimmt zu einem gewissen Teil, aber ich wollte ganz aktuelle Beispiele bringen, die ich spiele. Dass ich aus genau diesem Grund keine richtigen Sandbox-Spiele zocke, sollte aus den genannten Gründen klar sein.
Das von da oben kann man auch auf solche Titel wie „Mass Effect“ erweitern, das ich zwar angespielt habe, aber mich bisher nicht gerissen hat. Wieso? Aus ähnlichen Problemen: Ich habe beim Spielen das Gefühl, ich verpasse etwas – dass ich weil ich mich für eine Dialog-Option entschieden habe, einen Teil des Spiels nicht mitbekomme, außer ich würde es noch einmal spielen. Das werde ich also nicht. Demnach ist es für mich verloren. Da gibt es also im Falle von ME beispielsweise vertonte und tolle Dialoge und andersartige Szenen, die ich so nie sehen werde, weil ich mich anders entschieden habe. Mich wurmt das. Ich will das sehen. Ich könnte jedes Mal natürlich speichern und dann zurück und dann mir das ansehen. Gerade bei ME hat sowas ja aber auch Langzeiteffekte, die diese Möglichkeit stark aushebeln.
Ohne Frage bieten diese Spiele einen Wiederspielwert – sonst würde es mich an dem Punkt nicht fuchsen. Dadurch hat man auch in gewissem Maß mehr Spiel dafür als beispielsweise bei einem „Uncharted“ oder „Castlevania: Lords of Shadow“. Da habe ich gescriptete Events, da habe ich Action, aber wenn ich es einmal durch habe, dann gibt es da keinen Sideplot oder ähnliches. Da gibt es höchstens Fähigkeiten, die ich nicht ausprobiert habe, aber da kann ich eher drüber hinwegsehen, als dramatische Szenen, Dialoge oder Charakterentwicklungen. Die will ich sehen. Denn Computerspiele sind für mich auch kein anderes Medium als Bücher, Fernsehen oder Filme. Mir fehlt da dann was.
Das ist auch der Punkt, den ich an „Final Fantasy XIII“ gegenüber „Final Fantasy XIII-2“ schätze: Es ist linear und ich weiß, was ich bekomme. Ich habe nicht das blöde Gefühl, etwas verpasst zu haben – höchstens eine Schatzkiste, vielleicht mal ein kleines kurzes Trigger-Event, aber mehr auch nicht. Sobald dieses Gefühl einen gewissen Schwellenwert überschreitet, wird für mich das Spielen unbefriedigend und je größer diese Unzufriedenheit wird, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass ich das Spiel abbreche, weil es zu viele Möglichkeiten gibt und ich mich nicht entscheiden kann und nicht entscheiden will. Das war auch mein Hauptproblem mit „Final Fantasy X-2“ und ich weiß, dass ich damit vermutlich ziemlich alleine dastehe. Denn an FFX-2 haben sich viele Leute an ganz anderen Dingen gestoßen. Ich fand es hingegen ganz großartig; nur diese fehlende Linearität hat es mir zerhackt.
Mein Spielstil hat sich da einfach geändert. Ich habe nicht mehr die Zeit, nach der Schule mich hinzusetzen. Ich habe nicht mehr den Drang zur Prokrastination aus dem Studium, alles mögliche den Tag über zu machen, bloß nicht zu lernen. Ich will mich nur entspannen in dieser Zeit. Aber ein ganz wichtiger Punkt kommt noch hinzu: Wenn ich offene Story haben will, offene Interaktivität, dann mache ich Rollenspiel. Denn alle offenen Welten und gut programmierten KIs, die ich bisher gesehen habe, sind eben doch letzten Endes nur Illusion der freien Entscheidung und freien Entwicklung. Es stößt an seine Grenzen und macht auf seine Weise ungeheuer viel mehr Arbeit und Aufwand beim Herstellen dieses Contents. Denn wirklich frei ist das nicht, es gibt nur mehr Wege – aber eben auch nicht unendlich viele. An dieser Stelle möchte ich richtige Sandbox-Spiele auslassen, denn die fallen für mich komplett raus und sind noch einmal ein ganz anderes Thema.
Mir geht es um solche Spiele wie „Mass Effect“ oder „Heavy Rain“, die Entscheidungsfreiheit und offene Welt vorgaukeln durch viele alternative Wege. Das ist mir zu viel. Das brauche ich nicht, denn dafür habe ich Rollenspiel – mit echten Menschen in virtuellen Welten. Das gibt mir in dem Punkt deutlich mehr und das ist auch der Punkt, warum ich bei einem Computer/Videospiel mittlerweile Linearität bevorzuge. Ich will die Geschichte erleben, ich will eine gewisse Interaktivität durch das Steuern der Figur, aber das muss nicht gewaltig sein, ich will eine leichte Immersion mit dieser Figur und dann will ich einen Schlussstrich darunter ziehen können, um zum nächsten Spiel zu gehen und neue Eindrücke, Bilder, Charaktere und Gefühlsmomente in mich aufzusaugen. Ein Spiel, das zu viele alternative Wege hat, hindert mich daran und ich reagiere mittlerweile auch leider recht allergisch auf solche Werbebotschaften wie „mit großem Wiederspielwert“, denn das bedeutet für mich meist nur, dass ich einen guten Teil des Spiels nicht sehen werde; weil ich es nicht ein zweites Mal spielen werde. Das wurmt mich.
Ich will abschließend betonen, dass dies nur mein persönliches Spielgefühl ist und ich das nicht über andere stellen will. Ich kann die Faszination eines „Mass Effects“ absolut verstehen und wenn meine Lebenssituation anders wäre, wäre es vielleicht bei mir auch anders. Es ist aber nicht so und daher ist meine Spielvorliebe so, wie beschrieben. Ich hoffe, ich konnte das einigermaßen erklären und bin auch damit niemandem auf die Füße getreten. Denn was ich nicht will ist, jemandem den Spaß an Spielen mit alternativen Spielwegen nehmen. Mir gibt es nur reichlich wenig außer Unzufriedenheit – leider.
Verständlich? Fragen? Meinungen?