Der Tod des Germanisten – meine Vorurteile zu einem schönen Fach

Nichtsahnend lese ich einen Artikel in der Zeit über Germanistik und Literatur und plötzlich stürmen auf mich so viele Erinnerungen ein – aus der Schulzeit, aus der Studienzeit. Ich habe Amerikanistik und Anglistik studiert, nicht Germanistik. Mein Plan war ursprünglich ein anderer. Aber den haben mir manche Lehrer zur Schulzeit ausgetrieben. Zurückgelassen wurde ich mit einem sehr erschreckenden Germanistikbild, von dem ich gar nicht weiß, ob es überhaupt stimmt.

„Was will uns der Autor damit sagen?“ – Wie sehr ich diese Frage gehasst habe und immer noch nicht ausstehen kann. Wo hörte ich sie? Eigentlich nur im Deutschunterricht; und außerhalb der Schule manchmal von ein paar notorischen Besserwissern. Meiner Ansicht nach ist das einer der überschätztesten und schlechtesten Sätze überhaupt. Dass ich das sage, ist klar. Ich bin Post-Strukturalist mit Leib und Seele und meine Frühstückslektüre ist Roland Barthes The Death of the Author.

Wie gerne ich meine damalige Deutschlehrerin heute treffen würde, denn jetzt könnte ich ihr all das widerlegen, was sie mich lehrte und eigentlich nur zeigte, wie wenig Ahnung sie von Literaturtheorie und Literaturkritik hatte.

The King in Boredom

Es ist Zeit für ein Geständnis: Ich habe bisher noch nie The King in Yellow von Chambers gelesen. Meine cthuloide Bekanntschaft mag bereits die Luft anhalten und ich rate ihr, dies auch weiterhin zu machen. Ich befürchte, ich muss einen weiteren Frevel begehen. Denn ich habe dies nun nachgeholt und fand ihn nicht gut. Das letzte Viertel habe ich vorzeitig abgebrochen – es ging einfach nicht mehr! Und ich kann schwerlich den Finger darauf legen, was es war, was mich langweilte. Trotzdem will ich es probieren.

The King in Yellow war zumindest zu alten Cthulhu-Forums-Zeiten sehr beliebt. Geradezu legendären Status bekam es durch das alte Laurin-Abenteuer Narrenball. Immer wieder schwärmte der cthuloide Fandom vor sich hin und ich beobachtete das stets nur still. Denn ich kannte ihn nicht und hielt mich daher heraus. Wenn ich von etwas keine Ahnung habe, muss ich auch nicht mitdiskutieren. Oder um es mit Dieter Nuhr zu sagen: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten.“ Das ist immer ein guter Ratschlag.

Trotzdem schien The King in Yellow ein Klassiker und ich war neugierig. Auch die Kreaturen, wie sie das damalige Monsterbuch und der spätere Malleus Monstrorum schilderten, wirkten spannend. Die Idee eines Theaterstücks von bizarren und cthuloiden Ausmaßen faszinierte mich, auch ohne The King in Yellow gelesen zu haben. Aber … ich kannte den King in Yellow nicht. Vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte nie diese Kurzgeschichtensammlung geöffnet – so cthuloid ironisch das nun auch klingen mag, so profan ist es am Ende leider für mich.

Suddenly Stöckchen

Wo ist denn schon wieder die Zeit hin? Seit meinem Umzug nach München scheint alles doch irgendwie extrem rasant vorbeizufliegen. Schon längst wollte ich mich hier melden und zu der einen oder anderen Sache was schreiben. Denkt ihr, ich komme dazu? Pustekuchen.

Nicht, dass ich keine freie Minute hätte. Natürlich habe ich diese ruhigen Momente, aber in denen denke ich dann an andere Dinge, als hier einen neuen Blog-Beitrag zu schreiben. Auch das könnte Freizeit sein. Doch ich gebe zu, dass ich derzeit meine Freizeit am liebsten damit verbringe, mit meiner Frau mir ein wenig München anzusehen, gemeinsam unsere TV-Serien weiterzuschauen oder etwas zu zocken; und nebenbei auch noch ein wenig so schreiben. Es gibt da schließlich noch Ausschreibungen, an denen ich teilnehmen möchte.

Ungeachtet dessen hat mir der gute Thomas Michalski einmal wieder ein Blog-Stöckchen zugeworfen und nachdem ich schon das letzte Stöckchen viel zu lange vor mir hergeschoben (aber noch nicht vergessen!) habe, will ich wenigstens hierauf antworten, denn ich denke, das geht schneller und ich finde die Fragen auch spannend.

Edit: Ich habe recht lange an dieser Antwort geschrieben und es dann lange liegen gelassen. Daher mag manches nicht mehr ganz so aktuell sein. Das kommt davon, wenn man solche Dinge „nebenbei“ beantwortet und dann nicht in einem Stück schreibt und veröffentlicht.

Verbotene Bücher

Es gibt bald einmal wieder etwas Gedrucktes von mir zu lesen! So richtig mit Umschlag und Papier und so. Was? Vor einiger Zeit habe ich bei der Ausschreibung „Verbotene Bücher“ des Verlags Torsten Low für Kurzgeschichten mitgemacht.

Leider dauerte es ein wenig, so dass ich schon gar nicht mehr daran dachte. Da ich in den letzten Wochen auch nicht ganz so regelmäßig wegen eines Trauerfalls in der Familie in meine Mails schaute, hätte ich auch fast übersehen. Doch zum Glück hat mich mein Kumpel Tobi darauf aufmerksam gemacht, mit dem ich bei der Ausschreibung mitgemacht habe. Denn man höre und staune: Beide unsere Geschichten haben den Weg in die Anthologie gefunden!

Jetzt könnte man sagen: Dann war die Konkurrenz sicher nicht so groß. Nein, es war scheinbar sehr schwierig, da recht viele und auch sehr gute Geschichten eingeschickt wurden. Das nehme ich daher als riesiges Kompliment für mich an und freue mich auch schon sehr auf die Geschichten der anderen Autoren in der Anthologie.

Wie wird es also weitergehen? Das weiß ich noch nicht genau. Autorenvertrag kommt dann wohl demnächst in meinen Briefkasten geschneit und dann werde ich weitersehen. Allerdings freue ich mich schon sehr darauf, dass meine Kurzgeschichte „Bitte nicht lesen!“ damit unters Volk kommt.

Sobald es weitere Neuigkeiten dazu gibt, werde ich es natürlich hier schreiben. Bis dahin freue ich mich einfach mit einem herzlichen „Iä! Iä!“, denn – wer hätte es gedacht – die „Verbotenen Bücher“ sind natürlich cthuloid. Es ist so wahnsinnig schön, ausgerechnet bei diesem Thema genommen zu werden, denn wer hier länger schon mitliest, kennt mein Faible für Lovecraft und das Cthulhu-Universum sicherlich.

Ich freu mich so!

Jamas Tipp: Donnie Darko

Passend zum Weltuntergang am Freitag will ich einmal wieder einen Film empfehlen. Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen, aber dennoch hat dieser Film bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen: Donnie Darko.

Es ist ein sehr eigener Film und ich erinnere mich noch gut, wie ich meiner Frau gesagt habe, dass ich den schauen will. Ich wusste nicht viel von dem Film und mehr wollte ich auch nicht wissen außer Titel und Cover. Das genügte mir. Meine Frau las sich dann eine Inhaltszusammenfassung durch. Ich glaube, ihr hatte der Film dann sogar auch gefallen, aber sie war doch sehr überrascht. Denn nach der Inhaltszusammenfassung hatte sie einen etwas bizarreren und vor allen Dingen auch witzigeren Film vorgestellt. Ich vermute, das lag an dem eingebildeten Freund im Hasenkostüm, der den Weltuntergang prophezeit.

Donnie Darko ist aber kein witziger Film – ganz und gar nicht. Es ist ein extrem philosophischer und komplexer Film. Leider gehört er aber auch zu den Filmen, die durch Interviews mit dem Regisseur und vor allen Dingen auch dem Director’s Cut deutlich an Qualität verloren haben. Wenn ihr also die Möglichkeit habt: Schaut euch weder Interviews mit dem Regisseur an, noch schaut die den Director’s Cut. Wieso?

Weil Donnie Darko ein post-strukturalistischer Film mit mehreren Ebenen ist, den man auf so viele unterschiedliche Art und Weise deuten kann, dass mir das natürlich gefällt. Sowohl das Interview als auch der Director’s Cut zerstören aber das an dem Film, denn sie drücken dem Film einen Interpretationsstempel auf, den er nicht verdient hat und auch nicht braucht.

Worum geht es bei Donnie Darko? Weltuntergang, Philosophie, Religion, Selbstfindung, Conditio Humana, Identität, Moral, Liebe – oder auch deren Abwesenheit. Ein Film, den ich schon zu lange nicht mehr gesehen habe, was ich mal wieder nachholen sollte. Allerdings muss ich dafür schon in einer ganz speziellen Stimmung sein. Nichtsdestotrotz ein großartiger Film, der es sogar auf meine Empfehlungswand damals in der Videothek geschafft hat.

Attention Disorder

Der Dominik hat sich eine Erklärung dazu gewünscht, warum ich mir bei FFXIII-2 und auch generell häufig bei anderen Spielen mehr Linerarität wünschen würde, wo doch viele eher offene Spiele mögen. Hier ist der Versuch dazu:

Grundsätzlich sollte vielleicht gesagt werden, dass ich offene Spiele an sich auch mag. Ich konnte mich früher stundenlang in Ultima-Teilen verlieren, ich habe Wizardry geliebt und all diese gewaltigen Spiele, die man selten zu Ende gespielt hat. Da liegt aber auch der Knackpunkt für mich – oder besser gesagt die Knackpunkte.

Früher: Ich habe einfach nicht mehr die Zeit, mich endlos in diesen Spielen zu verlieren.

Ende: Es ist für mich mittlerweile ungeheuer unbefriedigend, ein Spiel nicht zu Ende zu spielen.

Im Prinzip gehen diese beiden Punkte Hand in Hand, warum ich eine gewisse Linearität schätze, denn das bedeutet, dass es nicht unzählige Sachen gibt, die ich noch zu entdecken habe in einem Spiel. Für mich ist ein Computer/Videospiel mittlerweile eher wie ein gutes Buch, das ich auch irgendwann zu Ende gelesen haben will. Ich kann zwar auch lange in einem „Assassin’s Creed“ in der Gegend umherlaufen und erkunden, aber an sich gibt es meistens einen Punkt, ab dem ich selbst mit solchen großartigen Spielen wie AC fertig werden will. Wobei AC natürlich kein wirkliches Spiel mit unterschiedlichen Wegen ist, aber ich will es mal an dieser Art Spiele erklären ehe ich dann zu „Mass Effect“ wechsele.

Je langweiliger das Spielprinzip grundsätzlich ist, desto schneller tritt dieser Punkt ein. Bei „Infamous“ war der Punkt deutlich früher erreicht, bei „Assassin’s Creed: Brotherhood“ oder „Atelier Totori“ deutlich später. Aber er kommt irgendwann. Ab dem Punkt pushe ich dann doch die Hauptstory, weil ich wissen will, wie es ausgeht. Wenn dann zu viel auf dem Seitenweg übrig bleibt, dann entsteht bei mir ein unzufriedenes Gefühl, denn ich bin niemand, der Sachen unbedingt mehrfach liest oder schaut oder spielt. Das bedeutet: Wenn ich ein Spiel durch habe, dann ist es höchst unwahrscheinlich, dass ich es noch einmal spiele – ähnlich ein gelesenes Buch oder eine geschaute Serie. Einzige Ausnahme bilden hier Filme, die ich mir tatsächlich häufiger ansehen kann.

Jetzt mag eingeworfen werden, dass all diese Spiele da oben aber keine wirklich freien Spiele sind. Das stimmt zu einem gewissen Teil, aber ich wollte ganz aktuelle Beispiele bringen, die ich spiele. Dass ich aus genau diesem Grund keine richtigen Sandbox-Spiele zocke, sollte aus den genannten Gründen klar sein.

Das von da oben kann man auch auf solche Titel wie „Mass Effect“ erweitern, das ich zwar angespielt habe, aber mich bisher nicht gerissen hat. Wieso? Aus ähnlichen Problemen: Ich habe beim Spielen das Gefühl, ich verpasse etwas – dass ich weil ich mich für eine Dialog-Option entschieden habe, einen Teil des Spiels nicht mitbekomme, außer ich würde es noch einmal spielen. Das werde ich also nicht. Demnach ist es für mich verloren. Da gibt es also im Falle von ME beispielsweise vertonte und tolle Dialoge und andersartige Szenen, die ich so nie sehen werde, weil ich mich anders entschieden habe. Mich wurmt das. Ich will das sehen. Ich könnte jedes Mal natürlich speichern und dann zurück und dann mir das ansehen. Gerade bei ME hat sowas ja aber auch Langzeiteffekte, die diese Möglichkeit stark aushebeln.

Ohne Frage bieten diese Spiele einen Wiederspielwert – sonst würde es mich an dem Punkt nicht fuchsen. Dadurch hat man auch in gewissem Maß mehr Spiel dafür als beispielsweise bei einem „Uncharted“ oder „Castlevania: Lords of Shadow“. Da habe ich gescriptete Events, da habe ich Action, aber wenn ich es einmal durch habe, dann gibt es da keinen Sideplot oder ähnliches. Da gibt es höchstens Fähigkeiten, die ich nicht ausprobiert habe, aber da kann ich eher drüber hinwegsehen, als dramatische Szenen, Dialoge oder Charakterentwicklungen. Die will ich sehen. Denn Computerspiele sind für mich auch kein anderes Medium als Bücher, Fernsehen oder Filme. Mir fehlt da dann was.

Das ist auch der Punkt, den ich an „Final Fantasy XIII“ gegenüber „Final Fantasy XIII-2“ schätze: Es ist linear und ich weiß, was ich bekomme. Ich habe nicht das blöde Gefühl, etwas verpasst zu haben – höchstens eine Schatzkiste, vielleicht mal ein kleines kurzes Trigger-Event, aber mehr auch nicht. Sobald dieses Gefühl einen gewissen Schwellenwert überschreitet, wird für mich das Spielen unbefriedigend und je größer diese Unzufriedenheit wird, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass ich das Spiel abbreche, weil es zu viele Möglichkeiten gibt und ich mich nicht entscheiden kann und nicht entscheiden will. Das war auch mein Hauptproblem mit „Final Fantasy X-2“ und ich weiß, dass ich damit vermutlich ziemlich alleine dastehe. Denn an FFX-2 haben sich viele Leute an ganz anderen Dingen gestoßen. Ich fand es hingegen ganz großartig; nur diese fehlende Linearität hat es mir zerhackt.

Mein Spielstil hat sich da einfach geändert. Ich habe nicht mehr die Zeit, nach der Schule mich hinzusetzen. Ich habe nicht mehr den Drang zur Prokrastination aus dem Studium, alles mögliche den Tag über zu machen, bloß nicht zu lernen. Ich will mich nur entspannen in dieser Zeit. Aber ein ganz wichtiger Punkt kommt noch hinzu: Wenn ich offene Story haben will, offene Interaktivität, dann mache ich Rollenspiel. Denn alle offenen Welten und gut programmierten KIs, die ich bisher gesehen habe, sind eben doch letzten Endes nur Illusion der freien Entscheidung und freien Entwicklung. Es stößt an seine Grenzen und macht auf seine Weise ungeheuer viel mehr Arbeit und Aufwand beim Herstellen dieses Contents. Denn wirklich frei ist das nicht, es gibt nur mehr Wege – aber eben auch nicht unendlich viele. An dieser Stelle möchte ich richtige Sandbox-Spiele auslassen, denn die fallen für mich komplett raus und sind noch einmal ein ganz anderes Thema.

Mir geht es um solche Spiele wie „Mass Effect“ oder „Heavy Rain“, die Entscheidungsfreiheit und offene Welt vorgaukeln durch viele alternative Wege. Das ist mir zu viel. Das brauche ich nicht, denn dafür habe ich Rollenspiel – mit echten Menschen in virtuellen Welten. Das gibt mir in dem Punkt deutlich mehr und das ist auch der Punkt, warum ich bei einem Computer/Videospiel mittlerweile Linearität bevorzuge. Ich will die Geschichte erleben, ich will eine gewisse Interaktivität durch das Steuern der Figur, aber das muss nicht gewaltig sein, ich will eine leichte Immersion mit dieser Figur und dann will ich einen Schlussstrich darunter ziehen können, um zum nächsten Spiel zu gehen und neue Eindrücke, Bilder, Charaktere und Gefühlsmomente in mich aufzusaugen. Ein Spiel, das zu viele alternative Wege hat, hindert mich daran und ich reagiere mittlerweile auch leider recht allergisch auf solche Werbebotschaften wie „mit großem Wiederspielwert“, denn das bedeutet für mich meist nur, dass ich einen guten Teil des Spiels nicht sehen werde; weil ich es nicht ein zweites Mal spielen werde. Das wurmt mich.

Ich will abschließend betonen, dass dies nur mein persönliches Spielgefühl ist und ich das nicht über andere stellen will. Ich kann die Faszination eines „Mass Effects“ absolut verstehen und wenn meine Lebenssituation anders wäre, wäre es vielleicht bei mir auch anders. Es ist aber nicht so und daher ist meine Spielvorliebe so, wie beschrieben. Ich hoffe, ich konnte das einigermaßen erklären und bin auch damit niemandem auf die Füße getreten. Denn was ich nicht will ist, jemandem den Spaß an Spielen mit alternativen Spielwegen nehmen. Mir gibt es nur reichlich wenig außer Unzufriedenheit – leider.

Verständlich? Fragen? Meinungen?

The Raven

Es gibt Dinge, die sind einfach wunderschön. Eines dieser Dinge ist das Gedicht: „The Raven“. Poe gehört für mich sowieso zu den besten Schriftstellern, die es je gegeben hat. Viele seiner Kurzgeschichten haben mich tief berührt und inspiriert und erzeugen auch heute noch Bilder und Ideen in meinem Kopf. Das geht nicht nur mir so, denn nicht umsonst gibt es solche tollen CDs wie „Tales of Mysteries and Imagination“ vom Alan Parsons Project.

„The Raven“ ist eine sehr spannende Sache, die mir zwar schon immer gefallen hat, aber interessanterweise hatte ich gestern erst beim Einkaufen einen jener kostbaren Momente, in denen Theorie und Leben und Praxis plötzlich zusammenkommen und ich überhaupt die volle Tragweite dessen begriff, was überhaupt in dem Gedicht drin ist. Der erste Moment des Staunens war damals während meines Studiums, als in einer Ringvorlesung der gute Professor Lubbers auf der Bühne seine Vorlesung über Poe stoppte, um aus dem Gedächtnis aus dem Stand „The Raven“ zu zitieren. Das war so beeindruckend, dass der gesamte Saal still war, wie der alte Mann dort vorne mit Hingabe und Begeisterung Zeile um Zeile vortrug. In diesem Moment wurde mir erst bewusst, wie melodisch das Gedicht ist und was für eine komplizierte und faszinierende Rhythmik in ihm wohnt.

Kommen wir aber zu gestern beim Einkaufen, denn da schob ich gerade meinen Wagen mit den Einkäufen zum Auto, als ein Rabe über die Straße hoppelte. Ich schreibe bewusst „hoppelte“, denn irgendwas stimmte nicht. Dachte ich. Aber er hinkte nicht. Vielleicht war es auch normal. Er pickte auf dem Boden herum und krächzte, hüpfte weiter, krächzte. Wenn Leute kamen, beäugte er sie vorsichtig, hoppelte ein wenig weg, krächzte und pickte dann im Blumenkübel. Immer wieder krächzte er, als ob er den Menschen um ihn herum etwas sagen wollte.

Zufälligerweise war das alles direkt neben meinem Auto. Fasziniert beobachtete ich den Raben, während ich dann meine Einkäufe ins Auto packte. Er war ungewöhnlich nah, hatte scheinbar nicht viel Angst. Eher hatte ich Angst, dass er zu zutraulich ist und doch dann plötzlich den Hitchcock mit mir macht und mir die Augen rauspickt. Aber das passierte nicht. Er saß da, hoppelte ein wenig weiter, krächzte, hoppelte weiter, krächzte – als ob er sich mit mir unterhalten wollte.

Dann war ich fertig mit Einräumen und beobachtete ihn weiter. Er blickte zurück – und krächzte. Und dann musste ich an das Gedicht denken, denn war das nicht eine absolut ähnliche Situation? Da saß ein Rabe, der krächzte und der Mensch vor ihm dachte, er wollte ihm etwas sagen. Doch was? Nur ein Krächzen – sonst nichts mehr. Oder doch? Da ich vorher mir Gedanken machte, was das sollte, fühlte ich mich auch wieder an diverse Strophen erinnert, in der das lyrische Ich in dem Gedicht versucht, das Krächzen mit seiner verstorbenen Frau verzweifelt zu verbinden.

War genau so ein Moment das, was den Funken in Poes Kopf entspringen ließ? Na gut, vielleicht nicht genau so ein Moment, denn er hatte mit Sicherheit kein Auto und kam gerade nicht aus dem Real. Aber ich fand den Gedanken amüsant – und schön. Irgendwie machte alles noch viel mehr Sinn auf einmal und die Bedeutung des Gedichts multiplizierte sich für mich, denn neue Eindrücke und neue Assoziationen entstanden automatisch. Eigentlich ja egal, wie Poe dazu kam und was er damit wollte. Aber allein diese Gedanken fand ich ungeheuer spannend und bereichernd.

Sicherlich ist das Gedicht mehr und hat mehr Inhalt, denn es hat auch dieses Todesthema, die Verzweiflung, Liebe, Leiden, Lethargie, Sterben und viel mehr. Das ist mehr als nur ein Rabe, den man nicht versteht, der aber sich lebhaft mit einem… unterhält. In diesem Moment aber war ich so nahe an dem Gedicht auch in Wirklichkeit wie noch nie; wenigstens mit einem Teilaspekt.

Die ganze Heimfahrt hatte ich die Strophen des Gedichts im Kopf. Denn auch ich kann einen guten Teil auswendig – nicht alle, dafür ist das Gedicht zu lang. Aber zumindest die ersten Strophen gingen mal. Mittlerweile dank fehlender Übung dürfte es wohl nur noch die erste werden.

Zu Hause angekommen suchte ich nach einem Video, das ich vor langer Zeit hier einmal verlinkt hatte, in dem einer meiner Lieblingsschauspieler eines meiner Lieblingsgedichte zitiert: Vincent Price rezitiert „The Raven“ – etwas besseres gibt es kaum. Das wollte ich daher nach dieser kleinen Anekdote mit euch teilen. Es gibt kaum etwas Schöneres, wie ich finde und ich komme aus dem Schwärmen kaum noch heraus.

Viel Spaß:

Achtet auf die Rhythmik, auch auf die Mimik und das Vortragen von Vincent Price. Die Worte, die Rhythmik, die Atmosphäre, die Stimme… alles formt sich zu einem Meisterwerk zusammen. Vincent Price! Einer der größten Schauspieler, wie ich finde. Das berührt meine Seele und wenn ich da zuhöre, dann weiß ich genau, warum ich Amerikanistik studiert habe und was an all dem so toll ist und was in der Welt so großartig da draußen ist und warum ich mehr und mehr davon will.

Diese Freude, diese Leidenschaft, die mag ich vermitteln und auch Anderen zeigen und ihnen die Tür zu genau diesem Spaß öffnen.

We can fix this!

Jetzt sind wir auch mit der dritten Staffel von „Fringe“ durch und obwohl es zwischendurch hier und da sogar mal ein paar Stellen gab, die mir nicht ganz so gut gefallen haben, war ich größtenteils gut unterhalten und die Staffel hat mich an vielen Stellen bewegt und mitgerissen. Besonders die hervorragende Leistung aller Schauspieler beim Darstellen der Alter-Egos oder auch der zukünftigen oder vergangenen Egos – großartig! Das hat mich sehr beeindruckt.

Gerade auch Joshua Jackson, den ich eigentlich sehr mag, von dem ich aber bisher dachte, dass er nicht viel anderes als Pacey Whitter aus „Dawson’s Creek“ spielen kann, denn Peter Bishop ist eigentlich nichts anderes als Pacey beim FBI. Aber gerade in der letzten Folge gab es einige Momente, wo ich mir gedacht habe: „Da solltest du deine Meinung vielleicht doch revidieren.“

Ich finde es wirklich toll, wie mutig Abrams bei seinen Serien „Lost“ und auch „Fringe“ von Staffel zu Staffel Richtung und Gangart ändert und freue mich gerade daher auf die vierte Staffel, denn er hat sich jetzt am Ende in eine wunderschöne Ausgangslage gebracht. Eigentlich hatte ich nämlich etwas anderes erwartet, das zwar auch hätte Spaß machen können, aber dieser Schluss… großartig! Wenn er das so weiterführt, wie ich es hoffe, dann ist da so viel Potenzial, so viel Spannung, so viel Epik drin, dass ich es kaum erwarten kann, bis die nächste Staffel bei mir zu Hause eintrudelt.

Bei „Fringe“ genieße ich es, wie toll die Charaktere skizziert sind – kleine Gesten, stille Szenen, das alles unterstreicht die Charaktere. Es geht sicherlich auch um den Plot, aber ähnlich wie „Lost“ dreht sich „Fringe“ weniger um Plot oder Meta-Plot, sondern um die herausragenden Charaktere. Der Plot ist nur Hintergrund, vor dem die Figuren philosophische Probleme bewältigen müssen, moralische Entscheidungen treffen und irgendwie versuchen, menschlich zu bleiben.

Alles in allem ist das etwas, das Abrams mit Joss Whedon gemein hat. Gestern wollte ich zu meiner Frau fast sagen, dass der Unterschied zwischen beiden ist, dass Joss Whedon positiver ist. Doch das ist ein Trugschluss, wie ich gemerkt habe. Dadurch, dass Joss Whedon mehr Witze macht, wirkt es so. Aber eigentlich sind sämtliche Joss-Whedon-Serien viel pessimistischer. Denn dort ist wirklich keine Rettung in Sicht und die Charaktere versuchen es trotzdem – auch wenn sie wissen, dass es keinen Sinn hat. Oder um es mit einem meiner Lieblingszitate aus Angel zu sagen: „If nothing we do matters, all that matters is what we do.“ Bei Joss Whedon kann das böse Ende nicht abgewehrt werden. Wichtig ist bei ihm aber, dass man trotzdem „richtig“ handelt, zu sich selbst stehen kann und füreinander da ist. Das ist für mich die Grundbotschaft in nahezu allen seinen Serien. Es ist eine zutief pessimistische Einstellung.

Bei Abrams ist es anders, wie ich auch schon bei „Lost“ das Gefühl hatte. Da ist wirklich alles extrem mies und es sieht absolut schlimm aus, aber trotzdem können die Charaktere es irgendwie rumreißen – oder probieren es zumindest. Abrams hört häufig viel positiver aus, selbst wenn es schlecht ausgeht. Bei ihm schwingt viel mehr Hoffnung mit, dass es eben doch einen Unterschied gemacht hat – denn bei Abrams kann dieser Unterschied gemacht werden, selbst im Stillen. Irgendeine Auswirkung hat es immer auf die Umgebung. Bei Joss Whedon bleibt dies alles in den Charakteren nur.

Diese Hoffnung kann man sehr schön an dem Opening der letzten Staffel sehen. Schaut mal auf die Begriffe, die da reinzoomen, die bei diesem Opening wieder anders sind, wie immer, wenn es in einer anderen Zeit oder Welt spielt. Bei „Fringe“ werden in dem Opening nämlich immer die typischen Themen diese Zeit oder Welt eingeblendet. Witzig ist da natürlich das „Water“, aber am epischsten fand ich die Einblendung: „Hope“. Großartig!

Allein dieses Opening war so episch und hat mir eine solche Gänsehaut verursacht beim Schauen, dass die letzte Folge der dritten Staffel für mich ein absolutes Highlight war. Glaubwürdige Weiterentwicklung der Charaktere, spannende Wendungen, beunruhigende, aber faszinierende Ausblicke – diese Folge hatte alles!

Das ist zumindest ein Gedankengang, der mir gestern Abend nach Ende der dritten „Fringe“-Staffel gekommen ist, den ich ganz faszinierend fand. Ich freue mich jedenfalls tierisch auf die vierte Staffel und hoffe, dass es weiterhin so stark bleibt. Die dritte habe ich größtenteils wieder extrem genossen. Ich liebe diese Serie!

Endless Summer

Ich war ziemlich platt „gestern“ Abend und daher habe ich bis eben (2 Uhr, Samstag) mich dann doch noch einmal nach dem SW:TOR spielen ins Wohnzimmer verzogen. Was wollte ich machen? Ich wusste es nicht genau, denn zum PS3-Spielen war ich dann doch zu kaputt. Warum also nicht einfach mal wieder was ganz gemütlich schauen?

Also traute ich es mich: Ich fing die zweite Staffel „The Melancholy of Haruhi Suzumiya“ an. Ich schreibe deswegen „trauen“, weil ich ein wenig Angst hatte. Wer schon länger hier mitliest, erinnert sich vielleicht noch dran, wie begeistert ich von der ersten Staffel war. Das war ein postmodernes Meisterwerk an Anime. Ein sehr abgefahrenes Ding mit tollen Charakteren, tollen Plots, tollen Einfällen und ganz viel Gehirnknoten. Besonders mit den „falsch gesendeten“ Episoden war das einfach nur grandios.

Bei der zweiten Staffel war ich vorsichtig. Konnte das überhaupt noch so gut sein? Zumal ich aus Versehen vorher mich bereits über die „Endless Eight“ informiert hatte, als ich im Netz unterwegs war. Das ist eine Reihe von Folgen in der zweiten Staffel, in der die gleiche Folge immer wieder wiederholt wird. Das klang nicht gut, das klang fürchterlich und langweilig. An einer Stelle fand ich sogar eine Aussage der Synchronsprecherin von Haruhi (Aya Hirano), dass es wohl eine Tortur für die Sprecher gewesen sein muss, denn sie mussten teilweise den gleichen Text immer wieder sprechen.

Ich war mir nicht sicher, ob mir das gefallen oder mich langweilen würde. Das meinte ich mit „trauen“. Jetzt bin ich ins kalte Wasser gesprungen und mitten in den „Endless Eight“ drin. Was ich davon halte? Ich bin unschlüssig. Der Prolog war toll und gehörte noch nicht zu den „Endless Eight“ – die fangen danach an. Die erste Folge wirkte unglaublich banal, war aber nur der Auftakt dazu.

Die zweite Folge…

Spoiler-Cut!

Wie ihr wünscht…

Es gibt viele Gedanken darüber, was „wahre Liebe“ ist. In den Medien und Filmen wird es hoch stilisiert, viele rennen ein Leben lang ihr hinterher und sind immer unzufrieden. Denn da hängt einfach ein Bild unerreichbar über einem und wenn man es vergleicht mit dem, was um einen ist, dann ist es… anders.

Um so schöner finde ich es, wenn man ein paar nette Einsichten darüber erhält. Interessanterweise finde ich solche Sachen wo? In Komödien! Das ist doch eigentlich absurd, oder? Oder doch nicht? Wenn ich mir ein „Besser Geht’s Nicht“ ansehe, dann ist das einer der schönsten und romantischsten Filme, die ich kenne. Wieso? Weil er Denkmuster durchbricht – gerade durch die komödiantische Brechung. Das ist ungeheuer spannend und wahr.

Wie komme ich darauf? Heute morgen habe ich mal wieder eine dieser üblichen elenden Werbungen gesehen: „Architekt sucht wahre Liebe“ – und ich musste nur schmunzeln und an meine Frau denken und was für ein Glück ich habe. Dann begann ich ein wenig zu überlegen und musste an eine Folge von „How I met your mother“ vom letzten Wochenende denken, die wir da gesehen haben.

Einer der Nebenplots war Marshall, der einen Brief an sein zukünftiges Selbst geschrieben hat. Verdammt komisch, aber so romantisch und wahr, wie die Auflösung ist. Sowieso sind Marshall und Lily einfach so ein schönes Paar und ich erkenne da so viel wieder. Das zeigt es! So absurd es ist! Keine Oskarverfilmung, sondern eine Sit-Com! Ohne wirklich spoilern zu wollen, nur gerade den Moment zu erklären: Marshall liest einen Brief, den er als Teenager an sich mit 30 geschrieben hat – und liest den Brief. Und erkennt viele Sachen, die er doch nicht gemacht hat. Er wird frustriert und versucht dies und jenes. Darauf will ich nicht genauer eingehen, damit ihr auch noch Spaß daran haben könnt. Am Ende jedoch…

Spoiler-Cut!