A beautiful mind

Letztens habe ich angekündigt, vielleicht doch ein wenig über Rollenspiel in richtigen MMOs zu schreiben. Zunächst einmal kann ich sagen: Rollenspiel in großen MMOs gibt es und es kann auch sehr tiefgründig sein, sogar offen und spontan und nicht abgesprochen. Woran es liegt, dass viele denken, es sei nicht möglich?

Manche meinen, dass MMOs zu groß sind und es zu viele Non-RPler gibt, die da herumlaufen, dass man sich kaum über den Weg läuft. Das ist vermutlich ein Problem, aber kein Grund. Der Grund sind die Rollenspieler selbst! Ja, genau. Wie häufig habe ich es schon erlebt, dass Charaktere von tollen, Hardcore-24/7-Rollenspielern nicht die grundlegenste Eigenschaft besitzen, die man braucht, um Rollenspiel zu betreiben: Kommunikationsfähigkeit.

Was bringt mir der oskarreife Charakter, der garantiert total tiefgründig ist, aber ständig in irgendeiner Ecke hockt und darauf wartet, angespielt zu werden, selbst aber nichts dafür tut? Ich habe es gerade heute morgen wieder im Rift-Forum gelesen: „Gerade wenn man Charaktere spielt die nicht so leicht zugänglich sind, ist das Fehlen einer „RP-Markierung“ hinderlich.“ Das ist dann aber dein Problem! Man kann nicht einerseits einen solchen Charakter bauen und sich dann beschweren, dass er kaum ins Gespräch mit anderen kommt. Das ist etwa genauso, wie sich beim Duschen zu beschweren, dass man nass wird.

Das sind dann meist diese selbst ernannten Elite-Rollenspieler, die ein ungeheuer anspruchsvolles Konzept auspacken wollen und dann frustriert und total schnell aufgeben. Nicht jeder Charakter funktioniert im Rollenspiel. Wer ein wenig schon dabei ist, sollte das wissen. Aber man kann auch bei abseitigen Charakteren ein paar „Notfallbremsen“ einbauen, damit er doch funktioniert. Da muss man natürlich kreativ werden und flexibel sein. Aber eine Grundeigenschaft sollte ein Charakter immer haben: Er will mit anderen Charakteren etwas zu tun haben – auf die ein oder andere Weise.

Böse Charaktere wollen vielleicht jemanden ausnehmen, schüchterne Charaktere sehnen sich nach Nähe, verwirrte Charaktere brauchen etwas… das kommt alles immer auf den Charakter an. Ihr seid die Regisseure eures Charakters! Ihr schreibt ihn! Ihr seid für seine Eigenschaften verantwortlich! Wenn ihr kein Rollenspiel auf Grund eures Charakters findet, ist das euer Fehler! Jetzt kann man sagen, dass es da draußen doch irgendwo auch Spieler mit Charakteren geben muss, die auf Andere zugehen, dann wäre das doch alles kein Problem. Ja, die gibt es! Aber eben so wenige, weil jeder unbedingt den Rollenspiel-Oskar mit einem möglichst eigenbrötlerischen Charakter gewinnen will.

Alle meine Charaktere haben immer eine Möglichkeit, Kontakt zu anderen Charakteren aufzunehmen. Wer an einen Ort kommt, an dem lauter Rollenspieler sind und er behauptet: „Ich kann die nicht anspielen, das gehört nicht zu meinem Charakter“, dann hat derjenige bei der Charakterkonzeption etwas falsch gemacht! Und ich wage zu behaupten, dass dies bei dem Großteil der Rollenspieler passiert.

Passt also direkt auf, wenn ihr eure Charaktere euch ausdenkt, ob sie Möglichkeiten haben, aus sich herauszugehen? Können sie andere Leute von sich aus ansprechen? Wenn ja, wie? Es hilft doch alles nichts, wenn man kein Rollenspiel mit einem total tiefen Charakter hat!

Außerdem bedeutet solche Isolation auch nicht unbedingt, dass man einen besonders tiefen Charakter hat. Zumindest wage ich zu behaupten, dass alle meine Charaktere auch tief sind, obwohl sie immer die Möglichkeit haben, auf andere Charaktere zuzugehen. Ich habe sogar schüchterne Charaktere gespielt, die das konnten und nicht unglaubwürdig wurden! Es geht… man muss nur wollen. Nur die meisten Rollenspieler wollen nicht und beschweren sich im Gegenzug dann, dass sie kein RP bekommen. Wenn man es akzeptiert, dass es eben an der Rolle liegt – kein Problem. Aber dann bitte sich nicht beschweren, denn das Problem ist weder, dass es in großen MMOs kein Rollenspiel gibt, noch dass das Spiel dieses oder jenes Problem hat, das Problem liegt dann in eurem Charakter. Wenn ihr damit ein Problem habt, wenn es euch frustriert, dass ihr kein RP findet, dann schreibt euren Charakter gefälligst so, dass ihr welches findet! Das ist echt nicht schwer. Wir Rollenspieler sollten so viel Kreativität haben, dass uns das möglich ist.

You know what the first rule of roleplaying is?

Malcolm: „You know what the first rule of flying is? Well, I suppose since you already know what I am about to say.“
River: „I do, but I like to hear you say it.“

Manchmal fühle ich mich mit meiner Einstellung zu Rollenspiel wie ein Browncoat von Firefly, denn es gibt so wenige von uns und man kämpft aus dem Untergrund heraus. Aber wovon träume ich? Wie sollte die Einstellung zum Rollenspiel aussehen?

Man muss Rollenspiel mit Leidenschaft betreiben und nicht aus Selbstsucht oder aus Profilierungsgründen. Es geht nicht darum, dass man der Tollste ist, es geht darum, gemeinsam eine erlebenswerte Geschichte zu erzählen und faszinierende Charaktere entstehen zu lassen.

Es gibt genug, die Rollenspiel betreiben, um Macht auszuüben. Vielleicht fingen sie einmal anders an, erreichten dann aber Positionen, die sie haben vom Weg abkommen lassen. Sie bleiben stecken, haben keinen Spaß mehr, weil die Leidenschaft fehlt und im Gegenzug saugen sie genau diese Leidenschaft aus anderen Spielern heraus – denn es grämt sie, dass es Andere gibt, die noch unbekümmert und mit Spaß an die Sache gehen.

Sie ertragen es nicht, Neulingen zuzuschauen, wie sie ihre ersten Schritte machen, hier und da mal stolpern. Und wenn sie stolpern, dann helfen sie den Neulingen nicht wieder auf, sondern sagen ihnen „Was bist du so scheiße, dass du hinfällst?“ Dabei ist es nicht schlimm, einen Fehler zu machen – zumal „Fehler“ im Rollenspiel eine sehr subjektive Sache ist. Meist ist es der „Futterneid“/“Spaßneid“, der dann RP-Polizisten sich darauf stürzen lässt. Denn es geht ja nicht, dass man Spaß hat, obwohl man sich nicht an ihre Regeln hält.

Wenn man vor nichts Respekt hat, dann wird einem auch das Rollenspiel  keinen Spaß machen und man wird früher oder später aufhören. wer keinen Respekt vor seinen Mitspielern hat, der hat auch keinen Respekt vor dem Rollenspiel.

Denn Rollenspiel ist eine dynamische, unberechenbare, menschliche Tätigkeit und keine Lore dieser Welt, kein Supplement, kein Regelwerk, kein Rp-Polizist kann den Spaß am Rollenspiel für einen erhalten – höchstens vernichten. Respekt hält den Spaß am Rollenspiel aufrecht und die Distanz und dadurch baut man sich ein Verhältnis zu seinen Mitspielern auf, das ein gutes Fangnetz ist. Denn selbst wenn etwas schief geht, fangen sie einen wieder auf – denn Fehler passieren jedem. Es ist nur die Frage, wie man damit umgeht.

Toleranz ist das Zauberwort. Doch einfach ist das nicht. Denn wie sagte es mal ein guter Bekannter aus dem LARP so treffend? „Toleranz gegenüber der Intoleranz ist Intoleranz gegenüber der Toleranz.“ Es ist also eine Gratwanderung. Denn man darf natürlich Sachen scheiße finden, man darf das auch sagen, aber dennoch darf man dabei auch wieder den Respekt nicht vergessen. Außerdem sollte man wissen, wann man seine Meinung auch einfach mal zurückhalten sollte. Wie hat es Dieter Nuhr einmal so schön gesagt? Meinungsfreiheit bedeutet, dass man seine Meinung sagen kann, aber nicht immer sagen muss.

Es geht nicht darum, alles toll zu finden, aber es geht darum zu erkennen, was man mag und was man nicht mag. Wenn man das erkannt hat, dann sucht man sich das aus und um den Rest macht man einen Bogen – sofern das nicht zu aufdringlich ist und ansonsten redet man einfach mit demjenigen, aber bevorzugt auf menschliche Weise und nicht pampend.

Der einzige Punkt, den man im RP beeinflussen kann, ist man selbst. Dort kann man ansetzen, aber bitte nicht woanders. Wenn man anfängt, anderen Spielern reinzureden, kann es nicht funktionieren – es ist bevormundend und intolerant und das werde ich nie, nie, niemalsnie gut heißen. Man kann Ratschläge geben, wobei man dabei beachten sollte, dass das Wort „Ratschlag“ nicht von „Schlagen“ kommt. Man kann Hilfestellung geben, aber nicht jemanden zwingen, nicht drohen, nicht beleidigen, denn dann schlägt man sich selbst eine Tür zu, die man vielleicht bei seinem Mitspieler öffnen könnte. Es ist erstaunlich wie offen Menschen sind, wenn man nett und vernünftig mit ihnen redet. Das würde ich all den Rp-Polizisten gerne mal empfehlen: „Nett sein“ ausprobieren. Hilft ungemein, macht viele Sachen einfacher und die Mitspieler sehen auch mal Dinge ein.

Es gibt auch bei mir Sachen, die ich doof finde. Es gibt auch für mich Sachen, die mich stören, die mich sogar rausreißen können. Aber entweder ich arbeite trotzdem mit diesen Sachen oder ich mache einen Bogen darum. Das ist eine Lektion, die ich aus dem LARP gelernt habe – aus dem DKWDDK. Und Wunder, oh Wunder: Es funktioniert! Trotz aller Unkenrufe ist das immer noch die universalste Rollenspielansicht, mit der man der größten gleichzeitigen Spielermenge den meisten Spaß bringen kann. Dadurch entstehen zwar viele kleine Universen, die alle nebeneinander existieren, aber warum auch nicht?

Man muss sich von der Idee lösen, dass es im Rollenspiel „eine“ Welt gibt. Es gibt im Rollenspiel genau so viele Welten, wie es Spieler gibt, denn jeder hat seine eigene. Manche Welten stimmen mehr überein und daher fühlt man sich dort heimischer. Aber manche passen nicht – und das müssen sie auch nicht. Ein Charakter mag in der einen Welt ein Held sein, in der anderen aber ein geisteskranker Irrer. Das ist nicht schlimm. Denn die Welt, die denjenigen für einen geisteskranken Irren hält, kann diese Welt nun wiederum für kurzsichtig und eingebildet halten und so weiter.

Es geht stets darum, Welten zu erschaffen, nicht sie zu zerstören. Toleranz hilft dabei, dass diese Welten nebeneinander existieren können. Man muss nicht mit dem RP-Polizei-Weltenzerstörer auf andere Planeten schießen.

Diese Regeln sind keine allgemeinen Wahrheiten, keine Naturgesetze – es sind meine Regeln, mit denen ich seit Jahren gut fahre. Das ist, wie ich Mitspieler finde, die Spaß mit mir haben. Das ist, wie ich Mitspieler gewinne, die auch bleiben, weil sie Spaß am Spiel mit mir haben. Mal werde ich still sein, weil mir die Kraft fehlt, aber das sind die Regeln, für die ich stehe – immer stehen werde. Denn sie fühlen sich richtig an.

Doch es ist schwer, dafür einzustehen und dafür zu kämpfen und manchmal fehlt einem die Kraft – das ist ganz natürlich. Wir können für lange Zeit ohne Rettung bleiben, doch nicht für immer – man kann uns fangen, uns jagen, wir werden uns verstecken, wir werden mal Kraft schöpfen, aber wir verschwinden nicht.

Leider gibt es nur noch wenige von uns. Aber wir, die an diese Werte glauben, dürfen nicht aufgeben – niemals.

Malcolm: „Love. You can learn all the math in the ‚verse, but you take a boat in the air you don’t love, she’ll shake you off just as sure as the turning of the worlds. Love keeps her in the air when she oughta fall down, tells you she’s hurting ‚fore she keens. Makes her a home.“
River: „Storm is getting worse.“
Malcolm: „We’ll pass through it soon enough…“

A rose by any other name would smell as sweet

Bald können die Asmodier bestimmt Bullshit-Bingo auf Balder spielen bei der Rp-Polizei, die sie sich gerade heranzüchten. Was ist Bullshit-Bingo? Man hat eine Liste von Wörtern und hakt eines ab, wenn es fällt und sobald alle gefallen sind, schreibt man in den Rp-Channel: „Bullshit! Bullshit! Bullshit!“

Was sind die Wörter?:

– Lore

– Konsequenz

– Spielspaß

– Lore

– Quelle

– Konsequenz

– Lore

– Community

Wobei ich betonen möchte, dass es schwieriger ist, die Wörter „Spielspaß“ und „Community“ abzuhaken als die häufiger vorkommenden.

Der Besuch der alten Lore

Ein Gedankengang kam mir bei der Diskussion unter Rollenspielern bei den Aion-Pets auf: Viele, die sonst „Lore! Lore! Lore!“ rufen, warfen ein, dass diese Pets so gar nicht in Aion reinpassen. Einige davon vertreten sogar den Standpunkt, dass dies und das zu hell ist und das und das zu bunt. Das mag alles sogar seine Richtigkeit haben, aber mich wundert, dass ausgerechnet diese Leute, die sonst nach der Tante Lore schreien, plötzlich sich dagegen wehren, wenn etwas neues an Lore hinzukommt. Was? Das soll Lore sein? Streng genommen – ja.